Bowie – Ein illustriertes Leben

Originaltitel: Bowie – Una Biografia  Autor/innen: Maria Hesse (Illustrationen), Fran Ruiz (Texte), Kristof Hahn (Übersetzung)  Verlag: Heyne Hardcore, September 2020  Preis: € 22 [D] | € 22,70 [A] | CHF 30,90 empfohlen  Umfang: 168 Seiten, 17,0 x 24,0 cm, 116 farbige Abbildungen ISBN:  978-3-453-27302-3 – Gelesen hat Julian Dax:

© Heyne

Eigentlich könnte man meinen, dass es bereits mehr als genug Bücher über David Bowie gibt; vor allem sein unerwarteter Tod vor fünf Jahren hatte eine große Anzahl an neuen Veröffentlichungen zur Folge, die nicht unbedingt nötig gewesen wären, selbst für den fanatischsten Fan. Unbedingt nötig hingegen ist Bowie – Ein illustriertes Leben, denn dieses Werk aus Spanien präsentiert den Ausnahmekünstler auf eine so noch nicht gesehene Art und Weise..

Die Illustratorin Maria Hesse und der Autor Fran Ruiz haben sich zusammengetan, um ein Buch zu kreiieren aus „Bewunderung seitens zweier Menschen, auf deren Leben die Musik und die Kunst David Bowies einen massiven Einfluss hatten“, wie es in der Einleitung heißt.
„Bowie war ein Meister des Versteckspiels und der Täuschung. Insofern kamen wir zu dem Entschluss, bei dem Versuch, seine Geschichte zu erzählen, die gleiche Tricklinse zu benutzen wie er. Das Schaffen unseres Helden hat uns gelehrt, dass es manchmal erhellender ist, Dinge durch ein kaleidoskopartiges Prisma zu betrachten als durch eine einfache Linse, egal wieviel exakter Letzteres erscheinen mag. Deswegen und in dem Bewusstsein, dass eine Biographie immer auch etwas Fiktives hat, sind wir zu dem Entschluss gelangt, Passagen aus Bowies Leben mit fantastischen Elementen zu vermengen. Wir hoffen, dass wir uns dadurch der Realität einer der interessantesten und enigmatischsten Gestalten, die uns niemals begegnet sind, wenigstens annähern – wir spielen damit, was David Robert Jones in bestimmten Momenten seines Lebens gedacht und empfunden haben könnte. Der spielerische Umgang mit den Fakten ist daher eine intuitive Annäherung an die Person David Bowie – und kein Betrug am Leser.“
Es ist also kein ganz leichtes Unterfangen, das sich die beiden Künstler vorgenommen haben, doch nach der Lektüre der Texte und vor allem auch nach der Betrachtung der durchweg äußerst eigenständigen Illustrationen, die sowohl eine ganze Reihe der bereits bekannten, ikonischen Plattencover und Fotografien nachempfinden als auch auf ganz individuelle Art und Weise interpretieren, muss man bewundernd das Fazit ziehen, dass es sich im vorliegenden Fall um eine wahrhaft einzigartige David Bowie – Biographie handelt.
Und die Idee von Fran Ruiz, Bowies Leben aus der Ich-Perspektive zu beschreiben, führt – vor allem in Ermangelung einer echten Autobiographie – zu einer ganz besonderen Intimität; so nah hat man sich als Leser dem Künstler noch in keiner anderen Bowie-Biographie gefühlt.
In 11 Kapiteln, deren Titel allesamt aus dem Bowie-Universum stammen (z.B. The Side Effects Of The Cocaine) blättert man quasi in einer Art fiktivem Tagebuch. So heißt es in dem Kapitel Standing By The Wall über die Entstehung von einer seiner berühmtesten Aufnahmen: „Um das Album fertigzustellen, buchten Tony Visconti und ich das Hansa Studio. Endlich waren wir in Berlin. Weder Jim (= Iggy Pop) noch ich verwendeten viel Zeit darauf, die Hitparaden zu studieren. Berlin rief nach uns, und wir streunten durch die Stadt wie zwei heimatlose Straßenkater. Wir verbrachten endlose Stunden in Cafés und Cabarets. Wir hatten eine grandiose Fremdenführerin, die wie so viele andere irgendwann meinen Verführungskünsten erlag. Sie hieß Romy Haag und sah aus, als sei sie gerade eben aus dem Berlin der 1930er in die Gegenwart katapultiert worden. Wir ließen es manchmal gehörig krachen, allerdings ohne jemals völlig die Kontrolle zu verlieren. Ich passte auf, dass die Heroin-Dealer Jim nicht zu nahe kamen, und er tat das Gleiche für mich. Wir passten aufeinander auf, so lief das. (…) Innerhalb eines Jahres hatte ich vier Alben aufgenommen, die allesamt in die Rockgeschichte eingehen würden: The Idiot, Low, Lust for Life und „Heroes“.
Beonders intensiv liest sich das Schlusskapitel mit dem Titel I Can´t Give Everything Away, in dem Ruiz/Bowie anrührend, doch niemals rührselig sein Hinübergleiten in eine andere Wirklichkeit schildert – und mit einer Schlusspointe aufwartet, die dem Titel auf wunderbare Weise Rechnung trägt.
Bowie – Ein illustriertes Leben nimmt somit in der schier unübersichtlichen Menge an Publikationen tatsächlich eine Sonderstellung ein und richtet sich sowohl an Leser, die David Bowie bereits zu kennen glauben als auch an Menschen, die ihn erst kennenlernen möchten. Beide Gruppen dürften mehr als zufrieden sein.
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