Walter Chandoha. Cats. Photographs 1942 – 2018

Autoren: Walter Chandoha, Susan Michals, Reuel Golden Verlag: TASCHEN, August 2019  Umfang: Hardcover, 23.7 x 31.6 cm, 296 Seiten  ISBN: 978-3-8365-7385-6  Preis: 40 Euro

© TASCHEN

Sind Sie ein Katzenmensch? Nein? Dann gehen Sie jetzt besser Gassi, denn die nächsten Zeilen haaren, schnurren und fauchen garantiert.

Was dieser Seite bisher eindeutig noch gefehlt hat, war eine ordentliche Portion Katzencontent – ohne diesen ist eine Existenz im Internet zwar möglich, aber sinnlos. Und damit meine ich nicht den Trailer zur Kinoverfilmung des Hit-Musicals Cats:

der vor wenigen Tagen unsere so polarisierte Welt in einem Aufschrei des Entsetzens ob dieser CGI-Horrorshow für einige Momente zu einen schien. Hier geht es um echte Katzen und einen ihrer größten Verehrer:

© 2019 Walter Chandoha

Walter Chandoha kam mit der Fotokamera in der Hand zur Welt, arbeitete als Kriegsfotograf im Zweiten Weltkrieg und begann daraufhin ein Marketingstudium in New York. Auf dem Heimweg von der Uni begegnete ihm in einer Winternacht 1946 ein streunendes und im Schnee zitterndes Kätzchen. Er beschloss, es seiner Frau Maria als Geschenk mitzubringen. Gefüttert und gepflegt gehörte das Tier schnell zur Familie und lebte von da an bei den Chandohas jeden Abend um kurz vor Mitternacht seine wilde Minute aus, in dem es durch die ganze Wohnung sauste. Verrückt sei das neue Familienmitglied, attestierte Maria, und sie und Walter nannten den Kater „Loco“. Diese alltäglichen Rappel Locos inspirierten den Fotografen, sie bildlich festzuhalten. Mit Loco war Walter Chandoha ungeahnt seiner wichtigsten Muse begegnet und seinem vielleicht schönsten felinen Freund, den er je abgelichtet hat:

© 2019 Walter Chandoha

Es folgten Fotos von Katzen in Tierheimen, Katzenshows, auf der Straße und auch die Familie hielt wenige Jahre später in einem neuen Haus stets ein halbes Dutzend Katzen. Seine Kinder wuchsen zwischen den Samtpfoten auf und in zahlreichen seiner Bilder sieht man sie gemeinsam mit einer der Hauskatzen. So zeigt eine von Chandohas amüsantesten und berühmtesten Aufnahmen Paula and Kitten (1955) seine Tochter mit Zahnlücke gemeinsam mit einem Kätzchen auf der Schulter – beide mit einem ähnlich anmutenden Lächeln.

Maria assistierte Walter bei seinen Studioaufnahmen, indem sie sich um die Miezenmodels kümmerte, während Walter geduldig auf den richtigen Moment wartete. Chandoha arbeitete mit sechs Lichtern: Zwei beleuchteten den Hintergrund für brillante Farben; zwei von hinten, um den Kopf, die Ohren und die Seite der Katze zu umrahmen und zwei Lichter von vorn.

Chandoha war fasziniert von den ausdrucksstarken Geschöpfen und ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten. Ein weiteres Highlight, welches eben dies zeigt, ist The Mob. Katzen wussten, dass er sie fütterte und liefen ihm einmal in einer Gruppe hinterher. Chandoha warf sich auf den Weg und schoss ein Bild, wie sie gemeinsam zielstrebig auf ihn zu laufen. Die meisten betrachten Katzen als Einzelgänger. Tatsächlich sind sie jedoch höchst gesellig und schließen sich zu Gruppen zusammen wie eine Familie, so der Godfather of Cat Photography.

© TASCHEN

In den 50er und 60er Jahren, so erzählt er, prangten auf zahlreichen Produkten im Supermarkt seine Fotos. Auf Tiernahrung, Puzzles, Grußkarten, Zeitschriftencovern und unzähligen Werbeanzeigen, sogar als riesiges Kodak-Colorama im New Yorker Bahnhof Grand Central waren sie zu sehen. Die Mad Men lernten schnell: Cat sells! Heute hätte Chandoha Millionen von Instagram-Followern.

Eine Auswahl seiner schönsten Katzenportraits ist nun bei TASCHEN in einer dreisprachigen Ausgabe (Englisch, Deutsch und Französisch) unter dem Titel Walter Chandoha. Cats. Photographs 1942–2018 erschienen. Statt zu tippen, klicken oder swipen, kann der Betrachter hier durch zahlreiche großformatige Katzenfotos blättern und auf den fast 300 Seiten die Bewunderung und das Mitgefühl des Fotografens für diese Tiere fühlen.

Walter Chandoha ist am 11.01.2019 im Alter von 98 Jahren gestorben. Kurz zuvor hat TASCHEN ihn in seinem Haus besucht und dabei ist dieses sehenswerte kurze Video entstanden, in dem Chandoha von seiner Arbeit berichtet und man ihn am Ende mit seiner letzten Katze spielen sieht:

Gelesen hat Katzenmensch Sonja, die kaum an einer Katze vorbeilaufen kann, ohne sie zu streicheln und die das schicke Buch zu Weihnachten ihrer Mutter schenken wird, die kaum an einer Katze vorbeilaufen kann, ohne sie zu füttern.

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