Autoren: Jean-Yves Sarazin, Élisabeth Hébert, Gerhard Holzer, Véronique Hauguel-Thill, Marie-Thérèse Castanet, Françoise Doray, Josette Méasson Verlag: TASCHEN, Dezember 2018 Umfang: Hardcover, 27.6 x 39.5 cm, 264 Seiten, mehrsprachig: deutsch, englisch, französisch ISBN: 978-3-8365-3923-4 Preis: 100 Euro

Wenn ich auch nur eines meiner Mathematikbücher für den Schulunterricht so gern studiert hätte wie diesen wunderschönen und hochwertigen Bildband… TASCHEN verneigt sich mit diesen angenehm in den Händen liegenden Nautischen Werken vor Jacques Devaulx’ maritimem Meisterwerk Les premières œuvres de Jacques Devaulx, pillote en la marine aus dem Jahr 1583.
Das Original wird in der Nationalbibliothek Frankreichs in Paris verwahrt. Dank Gallica, dem Digitalisierungsprojekt der Bibliothèque nationale de France, hat jeder heute die Möglichkeit sich heute ein Luxuswerk, erschaffen um Könige zu beeindrucken, als digitales Faksimile anzusehen.
Das umfangreiche Buch bietet nicht nur einen vollständigen Nachdruck der 31 Folioblätter von Devaulx’ Handschrift sowie dessen farbenprächtigen Buchschmucks. Zwei einführende Essays zum Werk, Autoren und der Kartografie in der Renaissance, des Herausgebers und Historikers Jean-Yves Sarazin und Gerhard Holzer von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, ordnen das Manuskript in seinen historischen Kontext ein.

Weitere Aufsätze von einem Expertenteam, geleitet von Élisabeth Hébert und Véronique Hauguel-Thill, widmen sich nautischen Elementen und ihrer Geschichte – von Kosmografie, Kartografie, Kalender und Gezeiten bis zur Bestimmung von geografischer Länge und Breite. Die Lektüre versetzt einen zurück ins Le Havre des 16. Jahrhunderts und gewährt Einblicke in das Leben der Kartografen und Seefahrer jenes Zeitalters der Entdeckungen, die mit jeder Reise die Weltkarte erweiterten und präzisierten.
Der Erste Lotse und Steuermann Jacques Devaulx hatte bereits den Atlantik nach Brasilien überquert und die Karibik bereist, als er seine Beobachtungen und Kenntnisse über Navigation einschließlich zeitgenössischer Kartografie als praktischen Leitfaden für Seefahrer schriftlich festhielt. Dem Herzog von Joyeuse und damaligen Admirals von Frankreich gewidmet, sollte sein Nachschlagewerk nicht nur den aktuellen Wissensstand beschreiben, Devaulx wollte mit einem ästhetisch ansprechenden und opulenten Werk beeindrucken. Die imposanten Illustrationen, Seekarten, Gezeitentafeln und detaillierten Darstellungen zeitgenössischer Navigationsinstrumente, sowie die Volvellen, drehbare Scheiben mit Zeigern als Messinstrumente, sind nicht nur historisch spannend und lehrreich, sondern wahre Kunstwerke.

© TASCHEN / Bibliothèque nationale de France
Besonders die Armillarsphäre (Folio 4v), die auch den Titel des Bildbands von TASCHEN ziert, die reichlich mit Flechtwerk geschmückte Windrose (Folio 23r) und die „Weltspiegel“-Volvelle (Folio 25v) möchte man sich am liebsten sogleich an die Wand hängen. Wie wunderbar also, dass Nautische Werke sie in detailliertem Großformat auf Doppelseiten präsentiert.
Dem Faksimile des Originals von 1583 ganz am Ende, haben die Autoren einen umfangreichen Appendix vorangestellt, der nicht nur eine praktische Gliederung von Devaulx’ Manuskript enthält, sondern eine ausgezeichnete Zusammenfassung der einzelnen Folios, die das direkte Studium des Dokuments enorm erleichtern.

© TASCHEN / Bibliothèque nationale de France
Der großformatige Band enthält mehrere Seiten zum Ausklappen, welche das Betrachten einzelner farbenprächtiger Illustrationen im Detail ermöglichen. Einzig der Wunsch eines Nachbaus der interaktiven Volvellen bleibt hier nicht erfüllt. Dennoch ist die Haptik und das Blättern in den Nautische Werken ein Hochgenuss, bei dem sicherlich nicht nur das Herz von Freunden der Seefahrt und Kartografie höher schlägt.
Gelesen hat Sonja.