Annie Leibovitz: The Early Years, 1970–1983

Autoren: Annie Leibovitz, Luc Sante, Jann S. Wenner  Verlag: TASCHEN, Oktober 2018  Umfang: Hardcover, 21,6 x 27 cm, 180 Seiten ISBN: 978-3-8365-7189-0  Preis: 40 Euro – Ein Beitrag von Julian Dax:

© TASCHEN

In einer von zwei Einleitungen nennt Matthieu Humery, der Direktor des LUMA Living Archive Program, den Grund für die Veröffentlichung des vorliegenden Bildbandes: „Als eine der führenden Fotografinnen der zweiten Hälfte des 20 Jahrhunderts macht Annie Leibovitz seit knapp 50 Jahren einflussreiche Bilder. Obwohl ihre exquisiten Porträts die kulturelle Vorstellungswelt entscheidend geprägt und unsere Ideen von der Gegenwart neu definiert haben, wurden ihre Ursprünge als junge Fotografin nur selten eingehend beleuchtet. Zeitgleich mit dem Erwerb ihres umfassenden Archivs durch die LUMA Foundation beschäftigt sich die Ausstellung Annie Leibovitz, the early years, 1970 – 1983 mit der Grundlage ihrer ästhetischen Arbeit und betrachtet ihr Werk vor dem Hintergrund der prägenden Erfahrungen in der Gegenkultur der 1970er Jahre, dem Rausch jugendlicher Unbekümmertheit und den drängenden persönlichen und politischen Umwälzungen.“

Es gibt wohl keine bedeutenden Rockmusiker, die Leibovitz nicht vor ihrer Kamera hatte, was natürlich damit zusammenhängt, dass sie, zusammen mit Jann Wenner, zu den Gründungsmitgliedern des amerikanischen Rolling Stone gehörte, ursprünglich eine Zeitschrift der sog. „Gegenkultur“, und somit quasi an vorderster Front agierte. Bemerkenswert bis zum heutigen Tag erscheint das Vertrauen, das die Abgelichteten in sie setzten; schaut man sich z.B. das berühmt gewordene Porträt von John Lennon und Yoko Ono aus dem Jahr 1980 an, auf dem sich ein nackter Lennon an eine vollständig bekleidete Ono schmiegt bzw. klammert, kann man sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Musiker eines ähnlichen Kalibers solchen Aufnahmen auch anderen Fotografen zustimmen würden.

Doch neben ihren stets fantasievollen „gestellten“ Aufnahmen berühmter Persönlichkeiten gründet sich Leibovitz´ Ruhm in erster Linie auf Momentaufnahmen – unbeobachtete Augenblicke, in denen die abgebildeten Personen ganz bei sich sind, seien es Mitglieder der Rolling Stones in der Garderobe oder auf der Bühne, Arnold Schwarzenegger (Foto unten) bei einem Mr. Olympia-Wettbewerb 1975 in Südafrika, Paul Kantner und Grace Slick von Jefferson Airplane mit ihrer kleinen Tochter oder ganz einfache Menschen, oft am Steuer ihres Autos, wie man es auf dem Buchdeckel sehen kann.

© Annie Leibovitz. From Annie Leibovitz Archive Project #1: the early years

„In meiner Kindheit und Jugend war mein Vater bei der Air Force. Wir zogen alle zwei Jahre oder so auf einen anderen Stützpunkt. (…) Wir besaßen nicht viel Geld, aber mein Vater sorgte dafür, dass wir stets ein elegantes Auto fuhren, und unser Aufbruch ging immer sehr stilvoll vor sich. Autofahren bedeutete für Dad lebendig zu sein, zu leben. Er fuhr bis zu seinem Tod. (…) In meinen ersten Jahren beim Rolling Stone bestand meine Arbeit vor allem aus beruflichen Reisen. Das war für mich eine Fortsetzung meiner Kindheit. Dinge durch ein Autofenster zu sehen – das hatte ich mein Leben lang gemacht.“ Soweit die Fotografin selbst über ihre Faszination von Autos.

Im Gegensatz zu manch anderen Bildbänden kann man sich gut vorstellen, das vorliegende Buch nicht einfach ins Regal zu stellen, sondern immer wieder einmal durchzublättern, gerade weil die meisten der teils farbigen, teils schwarz-weißen Bilder so unspektakulär daherkommen und vor allem auch, weil sie nicht nur Fotos sind, sondern eine ganze tubulente Epoche ins Gedächtnis zurückrufen.

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